In Stein Gemeißelt

Set in Stone
Высечаны ў камені
Izcirsts akmenī

Friedlandglocke

The Friedland bell • Frīdlandes zvans • Фрыдландскі звон

3D Modell

360° Panorama

Die Friedlandglocke, auch bekannt als „Glocke der Versöhnung“ oder „Glocke der Freiheit“, steht im Grenzdurchgangslager Friedland in Niedersachsen.
Am ersten Advent 1949 wurde die Eisenhartgussglocke  als Geläut der evangelischen Lagerkapelle eingeweiht. Damals stand sie noch auf einem hölzernen Glockenstuhl neben dem hölzernen Kapellengebäude, das die Last der 700 kg schweren Glocke nicht tragen konnte. Später wurde sie auf einen Betonsockel verbracht und erhielt im Frühjahr 1954 einen markanten Aufbau aus Stahl, der ein Kreuz auf einer Weltkugel symbolisiert.[1]Wilhelm Tomm, Bewegte Jahre Erzählte Geschichte. Evangelische Diakonie im Grenzdurchgangslager Friedland 1945 bis 1985, S.115 f.

Die Friedlandglocke wurde nicht nur zu den Andachten und sonntäglichen Gottesdiensten geläutet, sondern begrüßte in den 1950er Jahren auch die ankommenden Aussiedler und ehemalige Kriegsgefangene. Diese wurden über Friedland aus der oft jahrelangen Internierung in sowjetischen Lagern entlassen. Vielen ist der Klang der Glocke bei ihrer Ankunft im Durchgangslager im Gedächtnis geblieben.

Weil die Friedlandglocke zu einem Symbol für Heimat und Freiheit geworden war, nutzte der Verband der Heimkehrer (VDH) sie auch als wirksames Werbemittel: Im Rahmen seiner „Grenzlandfahrten“ und der Deutschlandtreffen des Verbandes wurde sie an verschiedene Orte in der Bundesrepublik transportiert. Parallel zu den Festumzügen sammelte man Spenden für die Versorgung von Kriegsheimkehrern, später auch für die Errichtung einer Gedenkstädte in Friedland. Große mediale Aufmerksamkeit erhielt die Rückkehr der letzten Kriegsgefangenen aus der Sowjetunion, unter denen nachweislich auch Kriegsverbrecher waren. Einige der Heimkehrer waren bereits mit dem Klang der Glocke vertraut, da ihr Läuten in der Silvesternacht über die deutschen Auslands-Radiosender übertragen wurde und so somit auch in weiter Ferne hörbar war.[2]„Friedlandglocke in Saarbrücken“, SR-Fernsehen/Mediathek, URL: https://www.sr-mediathek.de/index.php?seite=7&id=93118/. Zuletzt abgerufen am: 15.09.2023.

Nach 1975 verblieb die Glocke auf einem festen Sockel im Lager Friedland, das auch heute noch als Erstaufnahmeeinrichtung für Geflüchtete aus der ganzen Welt fungiert. Zudem ist sie Teil eines digitalen Rundgangs, mit dem das Museum Friedland Geschichte und Gegenwart des Ortes online erfahrbar macht.

Autor:in: Lukas Trümner.

The Friedland bell, also known as the „Bell of Reconciliation“ or „Bell of Freedom“, is located in the Friedland border transit camp in Lower Saxony.

On the first Advent in 1949, the cast iron bell was consecrated as the bell of the Protestant camp chapel. At that time, it still stood on a wooden belfry next to the wooden chapel building, which could not bear the weight of the 700 kg bell. It was later moved to a concrete base and in spring 1954 was given a striking steel superstructure symbolizing a cross on a globe.[3]Wilhelm Tomm, Bewegte Jahre Erzählte Geschichte. Evangelische Diakonie im Grenzdurchgangslager Friedland 1945 bis 1985, S.115 f.

The Friedland bell was not only rung for devotions and Sunday church services, but also greeted the arriving repatriates and former prisoners of war in the 1950s. These were released via Friedland from years of internment in Soviet camps. Many people still remember the sound of the bell when they arrived at the transit camp.

Because the Friedland Bell had become a symbol of home and freedom, the Association of Returnees (VDH) also used it as an effective advertising tool: it was transported to various places in the Federal Republic as part of its „borderland tours“ and the association’s German meetings. Parallel to the parades, donations were collected for the care of war returnees, and later also for the construction of a memorial town in Friedland. The return of the last prisoners of war from the Soviet Union, among whom there was evidence of war criminals, received a great deal of media attention. Some of the returnees were already familiar with the sound of the bell, as its ringing was broadcast on German radio stations abroad on New Year’s Eve and could therefore be heard from far away.[4]„Friedlandglocke in Saarbrücken“, SR-Fernsehen/Mediathek, URL: https://www.sr-mediathek.de/index.php?seite=7&id=93118/. Zuletzt abgerufen am: 15.09.2023.

After 1975, the bell remained on a fixed pedestal in the Friedland camp, which still functions today as an initial reception facility for refugees from all over the world. It is also part of a digital tour with which the Friedland Museum makes it possible to experience the history and present of the site online. 

Author: Lukas Trümner.

Translation: Irene Schultens.

Die zur evangelischen Kapelle gehörige Friedlandglocke war Teil des Grenzdurchgangslagers Friedland, das im September 1945 von der britischen Militärregierung eingerichtet wurde. Das Lager diente dazu, die durch den Krieg ausgelösten großen Flüchtlingsströme zu regulieren und Unterkünfte bereitzustellen. Vor Ort wurden die Ankömmlinge registriert, notdürftig versorgt und dann in ihre Bestimmungsorte weitergeleitet.[5]Birgit Schwelling, Heimkehr-Erinnerung-Integration. Der Verband der Heimkehrer, die ehemaligen Kriegsgefangenen und die westdeutsche Nachkriegsgesellschaft. Schöningh and Fink History, Paderborn … Continue reading

Hilfsorganisationen wurden damals zu wichtigen Akteuren im Lager und übernahmen immer mehr Verantwortung. Die „Innere Mission“ als Hilfswerk der evangelischen Kirche betrieb eine Krankenstation  im Lager und veranstaltete regelmäßige Gottesdienste und Andachten bei der Ankunft von Flüchtlingen oder Kriegsheimkehren. Zu diesem Anlass wurde auch die Friedlandglocke geläutet. Vielen blieb ihr Klang in besonderer Erinnerung.[6]Wilhelm Tomm, Bewegte Jahre Erzählte Geschichte. Evangelische Diakonie im Grenzdurchgangslager Friedland 1945 bis 1985, S.228.

Das Lager Friedland erlangte im Vergleich zu anderen Durchgangslagern als „Tor zur Freiheit“ einen hohen Bekanntheitsgrad, was besonders auf die Heimkehr der letzten Kriegsgefangenen aus der Sowjetunion zurückzuführen ist. Diese wurden 1955 medienwirksam und unter großer Anteilnahme in Friedland begrüßt. Für die neu gegründeten Interessensverbände der Vertriebenen und Heimkehrer wurde Friedland so immer mehr zu einem symbolisch aufgeladenen und politisch instrumetalisierten Ort. Die Entlassenen wurden größtenteils als Opfer verklärt, die in der Sowjetunion großes Unrecht erlitten hatten.[7]Sascha Schießl, Das Lager Friedland – vom Provisorium zum Museum, Bundeszentrale für politische Bildung. URL: … Continue reading

Auch die Friedlandglocke als Symbol der Freiheit wurde im Rahmen deutschlandweiter Veranstaltungen des VDH zum Sammeln von Spenden genutzt. Pläne, die Glocke in das neu errichtete Heimkehrerdenkmal zu integrieren, wurden verworfen, da man ihren Platz weiterhin im Grenzdurchgangslager sah. Weil dieses noch immer als Erstaufnahmeeinrichtung aktiv ist, wird auch die Glocke bis heute durch die Lagerkapelle der inneren Mission genutzt.

Autor:in: Lukas Trümner.

After 1975, the bell remained on a fixed pedestal in the Friedland camp, which still functions today as an initial reception facility for refugees from all over the world. It is also part of a digital tour with which the Friedland Museum makes it possible to experience the history and present of the site online.[8]Birgit Schwelling, Heimkehr-Erinnerung-Integration. Der Verband der Heimkehrer, die ehemaligen Kriegsgefangenen und die westdeutsche Nachkriegsgesellschaft. Schöningh and Fink History, Paderborn … Continue reading

Aid organizations became important players in the camp at the time and took on more and more responsibility. The „Innere Mission“, an aid organization of the Protestant church, ran an infirmary in the camp and held regular church services and devotions when refugees or war returnees arrived. The Friedland bell was also rung on these occasions. Its sound remained a special memory for many.[9]Wilhelm Tomm, Bewegte Jahre Erzählte Geschichte. Evangelische Diakonie im Grenzdurchgangslager Friedland 1945 bis 1985, S.228.

Compared to other transit camps, the Friedland camp gained a high profile as a „gateway to freedom“, which was particularly due to the return of the last prisoners of war from the Soviet Union. They were welcomed back to Friedland in 1955 to great media attention and with great sympathy. Friedland increasingly became a symbolically charged and politically instrumentalized place for the newly founded interest groups of expellees and returnees. For the most part, the deportees were glorified as victims who had suffered great injustice in the Soviet Union.[10]Sascha Schießl, Das Lager Friedland – vom Provisorium zum Museum, Bundeszentrale für politische Bildung. URL: … Continue reading

The Friedland bell, a symbol of freedom, was also used to collect donations at VDH events throughout Germany. Plans to integrate the bell into the newly erected memorial for returnees were rejected, as its place was still seen as being in the border transit camp. As the camp continues to be active as an initial reception facility, the bell is still used by the camp chapel of the Inner Mission.

Author: Lukas Trümner.

Translation: Irene Schultens.

Informationen

Digitaler Rundgang durch das Museum Friedland: HIER

Museum Friedland: HIER
Die Innere Mission in Friedland Heute: HIER
 

 

References
1, 3 Wilhelm Tomm, Bewegte Jahre Erzählte Geschichte. Evangelische Diakonie im Grenzdurchgangslager Friedland 1945 bis 1985, S.115 f.
2, 4 „Friedlandglocke in Saarbrücken“, SR-Fernsehen/Mediathek, URL: https://www.sr-mediathek.de/index.php?seite=7&id=93118/. Zuletzt abgerufen am: 15.09.2023.
5, 8 Birgit Schwelling, Heimkehr-Erinnerung-Integration. Der Verband der Heimkehrer, die ehemaligen Kriegsgefangenen und die westdeutsche Nachkriegsgesellschaft. Schöningh and Fink History, Paderborn 2010 S.84 f.
6, 9 Wilhelm Tomm, Bewegte Jahre Erzählte Geschichte. Evangelische Diakonie im Grenzdurchgangslager Friedland 1945 bis 1985, S.228.
7, 10 Sascha Schießl, Das Lager Friedland – vom Provisorium zum Museum, Bundeszentrale für politische Bildung. URL: hhttps://www.bpb.de/themen/migration-integration/kurzdossiers/246943/das-lager-friedland-vom-provisorium-zum-museum/. Zuletzt abgerufen am: 15.09.2023.

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