Auf dem ehemaligen Gelände der Göttinger Synagoge steht ein Gebäude, in dem sich der Fan Raum des 1. SC Göttingen 05 befindet. An der Außenwand des Hauses ist eine Gedenktafel montiert. Sie ist Ludolf Katz und den vier weiteren jüdischen Vereinsmitgliedern, die im Nationalsozialismus verfolgt wurden, gewidmet. In den gelb-schwarzen Vereinsfarben zeigt die Tafel ein Porträt von Ludolf Katz, der sich wie folgt äußerte: „Ich trat dem Fußballclub von 1905 als Fünfzehnjähriger bei und war bis 1933 oder 1934 Mitglied, bis wir jüdischen Mitglieder auf Anordnung der Partei hinausgeworfen wurden.“
Nachdem der Fan Raum 2013 das Gebäude bezogen hatte, diente der Standort dem Verein als Inspiration sich mit dem Schicksal seinen jüdischen Vereinsmitgliedern im Nationalsozialismus auseinanderzusetzen. Im Folgejahr wurde die Gedenktafel enthüllt.[1]Brüßler, Lisa. „Späte Ehrung für jüdischen Fußballer Ludolf Katz.“ Hessische/Niedersächsische Allgemeine, 12.12.2014. URL: … Continue reading
Sie wurde zum ersten Erinnerungsort, der den jüdischen Sportler des Vereins gewidmet war. Zuvor war dieses Kapitel der Vereinsgeschichte nicht aufgearbeitet worden.
Neben der Plakette setzte sich die „Supporters Crew 05 e.V. Göttingen“ als der offizielle Dachverband der Fanszene des Landesligaklubs für weitere Aktionen ein, um die Erinnerung an die jüdischen Fußballspieler des Vereins aufrechtzuerhalten. Zudem wurden im Jahr 2015 Stolpersteine für die Familie Katz in der Groner Straße 9 in Göttingen verlegt.[2]Trittel, Dorothea. „Stolpersteine für Familie Katz (Groner Straße 9). URL: https://denkmale.goettingen.de/portal/seiten/stolpersteine-fuer-familie-katz-900000741-25480.html?rubrik=900000056/. … Continue reading
Autor:in: Pia Frerichs.
On the former site of the Göttingen synagogue there is a building which houses the fan club of the local soccer club, 1.SC Göttingen 05. A memorial plaque dedicated to five former club members is mounted onto the outer wall of this building. Ludolf Katz and four other Jewish club members were persecuted under National Socialism. In the yellow and black colors of the club, the plaque shows a portrait of Ludolf Katz, who said: „I joined the soccer club in 1905 at the age of fifteen and was a member until 1933 or 1934, when we Jewish members were expelled by order of the party.“
After the Fan Raum moved into this building in 2013, the location served as an inspiration for the club to come to terms with the fate of its Jewish club members under National Socialism. The memorial plaque was unveiled the following year.[3]Brüßler, Lisa. „Späte Ehrung für jüdischen Fußballer Ludolf Katz.“ Hessische/Niedersächsische Allgemeine, 12.12.2014. URL: … Continue reading It became the first place of remembrance dedicated to the soccer club’s Jewish athletes. Previously, the club had not dealt with this chapter of its history.
In addition to the plaque, the Supporters Crew 05 e.V. Göttingen, the official umbrella organization for the fans of this regional soccer league club, campaigned for further activities to preserve the memory of their Jewish players. In addition, in 2015 Stolpersteine were installed for the Katz family at Groner Straße 9 in Göttingen.[4]Trittel, Dorothea. „Stolpersteine für Familie Katz (Groner Straße 9). URL: https://denkmale.goettingen.de/portal/seiten/stolpersteine-fuer-familie-katz-900000741-25480.html?rubrik=900000056/. … Continue reading
Author: Pia Frerichs.
Translation: Irene Schultens.
Bereits im Frühjahr 1933 begannen Sportvereine damit, ihre jüdischen Mitglieder auszuschließen. Antisemitismus war, wie in allen Teilen der deutschen Gesellschaft, auch in den Sportvereinen bereits präsent gewesen. Dennoch sind die frühen Maßnahmen der Vereine, gegen ihre jüdischen Sportler:innen auffällig. Diese konnten zwar weiterhin Mitglieder jüdischer Turn- und Sportvereine sein, aber die Mitgliedschaft in deutschen Vereinen hatte jüdischen Sportler:innen in Deutschland ein Zugehörigkeitsgefühl zur breiteren Gesellschaft gegeben.[5]Müller, Lasse und Jan Haut. „Jüdischer Sport und Antisemitismus: Geschichte und Gegenwart.“ Aus Politik und Zeitgeschichte 44-45 (2021). URL: … Continue reading
Genau diese soziale Zugehörigkeit wurde ab 1933 mit der Arisierung der Sportvereine angegriffen. Nationale Sportverbände wie die Deutsche Turnerschaft führten einen „Arierparagraphen“ ein, welche nach nationalsozialistischer Rassenlehre, den Ausschluss „nicht-arischer“ Personen vorsah. Dies umfasste Gruppen wie Sinti, Roma und insbesondere jüdische Menschen. Die Betroffenen wurden aus einer wichtigen gesellschaftlichen Aktivität ausgeschlossen und somit im Alltag isoliert.[6]Pfeiffer, Lorenz und Henry Wahlig. „Die Exklusion jüdischer Mitglieder aus deutschen Turn- und Sportvereinen im nationalsozialistischen Deutschland.“ In: Schmiechen-Ackermann, Detlef (Hrsg.). … Continue reading
Trotz der starken Wirkmacht, die der Ausschluss aus den allgemeinen Vereinen für deren jüdische Sportler hatte, wird nur selten an diesen Aspekt erinnert. Die NS-Forschung widmete ihre Aufmerksamkeit bislang hauptsächlich den als zentral erachteten Momenten in Geschichte und Politik. Die für die Opfer schmerzhaften Auswirkungen der Ausgrenzung aus dem alltäglichen Leben erhielten dabei weniger Aufmerksamkeit. Darüber hinaus wurden das Vereinsleben und der Fußball als Opfer des Nationalsozialismus behandelt.[7]Pfeiffer, Lorenz und Henry Wahlig. „Die Exklusion jüdischer Mitglieder aus deutschen Turn- und Sportvereinen im nationalsozialistischen Deutschland.“ In: Schmiechen-Ackermann, Detlef (Hrsg.). … Continue reading
So wird auch in der Literatur zum 01. SC Göttingen 05 etwa der Wechsel von Ligen zu Gauen beschrieben, nicht aber die vom Verein erlassenen antisemitischen Regelungen. Jedoch wächst die Zahl der Vereine, die ihre Vergangenheit aufarbeiten.
Autor:in: Pia Frerichs.
As early as spring 1933, sports clubs across Germany began excluding their Jewish members. As in all areas of German society, antisemitism was already prevalent in sports and their clubs. Nevertheless, the early exclusion measures taken by clubs against their Jewish athletes are striking. Although they could continue to be members of Jewish gymnastics and sports clubs, their expulsion from German clubs was a blow. Their membership in the German clubs had given Jewish athletes a sense of belonging to Germany and the wider society.[8]Müller, Lasse und Jan Haut. „Jüdischer Sport und Antisemitismus: Geschichte und Gegenwart.“ Aus Politik und Zeitgeschichte 44-45 (2021). URL: … Continue reading
It was precisely this social affiliation that was attacked from 1933 onwards through the Aryanization of sports clubs. National sports associations such as the German Gymnastics Association introduced an „Aryan paragraph“, which provided for the expulsion of „non-Aryan“ persons according to National Socialist racial doctrine. This included groups such as Sinti, Roma and, in particular, Jewish persons. Those affected were excluded from an important social activity and thus isolated in everyday life.[9]Pfeiffer, Lorenz und Henry Wahlig. „Die Exklusion jüdischer Mitglieder aus deutschen Turn- und Sportvereinen im nationalsozialistischen Deutschland.“ In: Schmiechen-Ackermann, Detlef (Hrsg.). … Continue reading
Despite the strong impact that this expulsion from the general clubs had on their Jewish athletes, this aspect of sports life is rarely remembered, mentioned or acknowledged. Until now, research into National Socialism has mainly focused on the moments in history and politics that were considered central. The painful effects of exclusion from everyday life for the victims have received less attention. In addition, club life and soccer have been treated as victims of National Socialism.[10]Pfeiffer, Lorenz und Henry Wahlig. „Die Exklusion jüdischer Mitglieder aus deutschen Turn- und Sportvereinen im nationalsozialistischen Deutschland.“ In: Schmiechen-Ackermann, Detlef (Hrsg.). … Continue readingThe literature on SC Göttingen 05, for example, describes the change of leagues into Gauen, but does not cover the antisemitic regulations issued by the club. However, the number of clubs coming to terms with their past is growing.
Author: Pia Frerichs.
Translation: Irene Schultens.
↑1, ↑3 | Brüßler, Lisa. „Späte Ehrung für jüdischen Fußballer Ludolf Katz.“ Hessische/Niedersächsische Allgemeine, 12.12.2014. URL: https://www.hna.de/lokales/goettingen/goettingen-ort28741/spaete-ehrung-juedischen-fussballer-ludolf-katz-4530151.html/. Zuletzt abgerufen am: 17.09.2023. |
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↑2, ↑4 | Trittel, Dorothea. „Stolpersteine für Familie Katz (Groner Straße 9). URL: https://denkmale.goettingen.de/portal/seiten/stolpersteine-fuer-familie-katz-900000741-25480.html?rubrik=900000056/. Zuletzt abgerufen am: 17.09.2023. |
↑5, ↑8 | Müller, Lasse und Jan Haut. „Jüdischer Sport und Antisemitismus: Geschichte und Gegenwart.“ Aus Politik und Zeitgeschichte 44-45 (2021). URL: https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/juedisches-leben-in-deutschland-2021/342695/juedischer-sport-und-antisemitismus/. Zuletzt abgerufen am: 22.11.2023. |
↑6, ↑9 | Pfeiffer, Lorenz und Henry Wahlig. „Die Exklusion jüdischer Mitglieder aus deutschen Turn- und Sportvereinen im nationalsozialistischen Deutschland.“ In: Schmiechen-Ackermann, Detlef (Hrsg.). „Volksgemeinschaft“: Mythos, wirkungsmächtige soziale Verheißung oder soziale Realität im „Dritten Reich“? Zwischenbilanz einer kontroversen Debatte. Nationalsozialistische „Volksgemeinschaft“, Band 1. Paderborn u. a.: Schöningh, 2012. S. 202–209. |
↑7, ↑10 | Pfeiffer, Lorenz und Henry Wahlig. „Die Exklusion jüdischer Mitglieder aus deutschen Turn- und Sportvereinen im nationalsozialistischen Deutschland.“ In: Schmiechen-Ackermann, Detlef (Hrsg.). „Volksgemeinschaft“: Mythos, wirkungsmächtige soziale Verheißung oder soziale Realität im „Dritten Reich“? Zwischenbilanz einer kontroversen Debatte. Nationalsozialistische „Volksgemeinschaft“, Band 1. Paderborn u. a.: Schöningh, 2012. S. 199 f. |