In Stein Gemeißelt

Set in Stone
Высечаны ў камені
Izcirsts akmenī

Mahnmal für die verstorbenen Kinder von Zwangsarbeiterinnen, 1942-1946

Memorial for the Deceased Children of Forced Laborers, 1942–1946 • Piemiņas memoriāls mirušajiem piespiedu strādnieku bērniem, 1942-1946 • Мемарыял памерлым дзецям прымусовых рабочых, 1942-1946 гг.

3D Model

360° Panorama

Im Osten des Heger Friedhofes befindet sich inmitten der Ehrenfelder für Tote des Zweiten Weltkrieges und der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft die „Gedenkstätte der verstorbenen Kinder der Zwangsarbeiterinnen 1942 – 1946“.

2016 entdeckten die Friedhofsmitarbeiterinnen Anika Groskurt und Petra Joachimmeyer im Archiv des Heger Friedhofes zufällig 108 Karteikarten mit Namen verstorbener Kinder von Zwangsarbeiterinnen, die im „Gemeinschaftslager Süd III“, auch bekannt als „Lager Fernblick“ zur Welt gekommen und in vielen Fällen nur wenige Tage alt geworden waren. Die Karteikarten enthielten lediglich die Namen, Angaben zu den Todesumständen und zu den Bestattungsorten der Kinder auf dem Friedhof. Die Gräber waren zu diesem Zeitpunkt längst aufgelöst worden, weshalb Groskurt und Joachimmeyer beschlossen, eine zentrale Gedenkanlage zu errichten. Gemeinsam mit Osnabrücker Schülerinnen und Schülern, ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern sowie Spenderinnen und Spendern konnte das Projekt realisiert und die Gedenkstätte am 21. September 2018 eingeweiht werden.[1]„Heger Friedhof.“, Denkmalatlas Niedersachsen, accessed on November 30, 2023, https://denkmalatlas.niedersachsen.de/viewer/piresolver?id=43782460; https://nghm.hypotheses.org/14123; „Wo ist … Continue reading Im März 2020 ergänzte der Sozialverband Deutschland die Gedenkstätte um einen „Erzählstein“, auf dem Schülerinnen und Schüler der Wallenhorster Alexanderschule die Geschichte der jüngsten Opfer des NS-Regime erzählen und mahnen, dass „solch eine Missetat nie wieder geschehe“.[2]„SoVD weiht „Erzählstein“ ein, SoVD-Landesverband e.V., accessed on November 30, 2023, https://www.sovd-medien.de/files/sovd-zeitungen/sovdnds_2020_03_s04.pdf.

Die von Blumen und Büschen umgebenen Sandsteinstelen der Gedenkstätte stehen einige Meter abseits des Weges. Friedhofsbesuchende können sich ihnen über eine Reihe von Trittsteinen nähern. In die Stelen sind die 108 Kinder verewigt, deren Karteikarten im Archiv des Heger Friedhofs erhalten geblieben sind. Einige dieser Neugeborenen verstarben so kurz nach ihrer Geburt, dass sie nicht einmal einen Namen erhielten: So erinnern die Stelen auch an Babys, die lediglich als „Kind“ oder „Knabe“ in die Karteikarten eingetragen worden waren.

In the eastern part of Heger Cemetery, amid the memorial areas for the deceased of the Second World War and the Nazi dictatorship, lies the Memorial for the Deceased Children of Forced Laborers, 1942–1946.

In 2016, cemetery workers Anika Groskurt and Petra Joachimmeyer stumbled upon 108 index cards in the archives of Heger Cemetery. These cards contained the names of deceased children who had been born to forced laborers at Community Camp South III, also known as “Camp Fernblick,” many of whom had only lived for a few days. The index cards only provided names, information about the circumstances of death, and the burial locations of the children in the cemetery. As any physical traces of the burials had long since disappeared, Groskurt and Joachimmeyer decided to establish a central memorial. With the help of local students, volunteers, and donors, the project was realized, and the memorial was inaugurated on September 21, 2018.[3]„Heger Friedhof.“, Denkmalatlas Niedersachsen, accessed on November 30, 2023, https://denkmalatlas.niedersachsen.de/viewer/piresolver?id=43782460; https://nghm.hypotheses.org/14123; „Wo ist … Continue reading In March 2020, the Social Association of Germany added a “narrative stone” to the memorial, on which students from the Alexanderschule in Wallenhorst recounted the history of the youngest victims of the Nazi regime, urging that “such a crime should never happen again.”[4]„SoVD weiht „Erzählstein“ ein, SoVD-Landesverband e.V., accessed on November 30, 2023, https://www.sovd-medien.de/files/sovd-zeitungen/sovdnds_2020_03_s04.pdf.

The sandstone uprights of the memorial, surrounded by flowers and bushes, stand a few meters off the path. Visitors to the cemetery can approach them via a series of stepping stones. The upright stones immortalize the 108 children whose index cards were preserved in the cemetery archives. Some died so shortly after birth that they did not even receive a name. Thus, the stones also serve as a reminder of babies listed in the index cards only as “child” or “boy.”

Teil des 1942 errichteten „Gemeinschaftslagers Süd III“ – auch „Lager Fernblick genannt“ – im heutigen Ortsteil Berningshöhe war das „Entbindungsheim für schwanger gewordene Ausländerinnen“, die bisher einzige nachgewiesene Geburtenbaracke dieser Art.[5]“Das Gemeinschaftslager Süd III.” Gedenkstätten Gestapokeller und Augustaschacht e.V., accessed November 30, 2023. https://gedenkstaetten-augustaschacht-osnabrueck.de/partner/lager-fernblick.

Bis 1942 schickte das NS-Regime schwanger gewordene Zwangsarbeiterinnen aus dem Ausland zurück in ihre Heimat, wo sie entbinden und dann wieder zur Arbeit ins Reich zurücktransportiert werden sollten. Diese von den Behörden als „legale Fluchtmittel“ angesehenen „Rückführungen“ wurden Ende 1942 gestoppt.[6]Gander, Michael. “Lagerwesen und Zwangsarbeit in Osnabrück.” In Topografien des Terrors. Nationalsozialismus in Osnabrück, edited by Thorsten Heese, 325–355. Bramsche: Rasch Verlag, 2015, 353. Danach mussten die Zwangsarbeiterinnen ihre Kinder in den Lagern zur Welt bringen und danach direkt an die Arbeit zurückkehren. Weder sie noch ihre Neugeborenen erhielten eine ausreichende medizinische Versorgung. Aufgrund der systematischen Vernachlässigung der Babys verstarben viele von ihnen bereits kurz nach der Geburt.[7]Für die systematische Vernachlässigung siehe: Storost, Ursula. “Hamburger Stolpersteine – Die vergessenen Kinder von Zwangsarbeiterinnen.” Deutschlandfunk, August 20, 2020, accessed November … Continue reading Versorgung der Kinder, die länger überlebten, mussten die Mütter selbst aufkommen; sie erhielten bis zu ihrem dritten Lebensjahr lediglich einen halben Liter Milch täglich und waren damit chronischer Mangelernährung ausgesetzt.[8]“Schwangerschaften und Abtreibungen.” Auf der Spur europäischer Zwangsarbeit Südniedersachsen 1939–1945. … Continue reading 

Schwangere Zwangsarbeiterinnen in der Stadt und der unmittelbaren Umgebung von Osnabrück wurden in die Geburtenbaracke des „Lagers Fernblick“ eingewiesen.[9]Gander, „Lagerwesen und Zwangsarbeit in Osnabrück“, 355. Zwischen 1943 und 1945 wurden hier 312 Kinder geboren. 42 von ihnen verstarben direkt nach der Geburt im Lager: 8 im Jahr 1943, 27 im Jahr 1944 und 7 im Jahr 1945. Als Todesursachen nannten die Behörden „Lebensschwäche“, „Herzkrämpfe“, „Ernährungsstörung“, „Auszehrung“ oder „Lungenentzündung“.[10]“Das Gemeinschaftslager Süd III.” Gedenkstätten Gestapokeller und Augustaschacht e.V., accessed November 30, 2023. https://gedenkstaetten-augustaschacht-osnabrueck.de/partner/lager-fernblick; … Continue reading 37 weitere Kinder fielen nachweislich der systematischen Vernachlässigung in den Stammlagern oder an den Arbeitsstätten ihrer Mütter zum Opfer,[11]“Das Gemeinschaftslager Süd III.” Gedenkstätten Gestapokeller und Augustaschacht e.V., accessed November 30, 2023. https://gedenkstaetten-augustaschacht-osnabrueck.de/partner/lager-fernblick. wobei es gerade für die Kinder von Zwangsarbeiterinnen, die außerhalb Osnabrücks untergebracht waren, etwa in Melle, Bersenbrück und Wittlage, eine noch nicht näher zu beziffernde Dunkelziffer an im „Lager Fernblick“ geborenen und kurz darauf verstorbenen Kindern gibt.[12]Gander, „Lagerwesen und Zwangsarbeit in Osnabrück“, 355.

The grounds of Community Camp South III, also known as “Camp Fernblick,” established in 1942 in the present-day Berningshöhe district, included the “Entbindungsheim für schwanger gewordene Ausländerinnen” (Maternity Home for Pregnant Foreign Women), the only documented maternity barracks of their kind.[13]“Das Gemeinschaftslager Süd III.” Gedenkstätten Gestapokeller und Augustaschacht e.V., accessed November 30, 2023. https://gedenkstaetten-augustaschacht-osnabrueck.de/partner/lager-fernblick.

Until 1942, the Nazi regime sent pregnant forced laborers from abroad back to their home countries to give birth, after which they were expected to return to work in the Reich. The authorities considered these “repatriations” a “legal means of escape,” but they were halted at the end of 1942.[14]Gander, Michael. “Lagerwesen und Zwangsarbeit in Osnabrück.” In Topografien des Terrors. Nationalsozialismus in Osnabrück, edited by Thorsten Heese, 325–355. Bramsche: Rasch Verlag, 2015, 353. Afterward, forced laborers had to give birth to their children in the camps and immediately return to work. Neither they nor their newborns received adequate medical care: Due to the systematic neglect of the infants, many died shortly after birth.[15]On the systematic neglect see: Storost, Ursula. “Hamburger Stolpersteine – Die vergessenen Kinder von Zwangsarbeiterinnen.” Deutschlandfunk, August 20, 2020, accessed November 30, 2023. … Continue reading For those who survived longer, their mothers had to provide; they received only half a liter of milk daily until the age of three, which exposed them to chronic malnutrition.[16]“Schwangerschaften und Abtreibungen.” Auf der Spur europäischer Zwangsarbeit Südniedersachsen 1939–1945. … Continue reading

Pregnant forced laborers in the city and immediate vicinity of Osnabrück were directed to the maternity barracks of Camp Fernblick.[17]Gander, „Lagerwesen und Zwangsarbeit in Osnabrück“, 355. Between 1943 and 1945, 312 children were born there. Of those, 42 died shortly after birth: 8 in 1943, 27 in 1944, and 7 in 1945. The authorities listed their causes of death as “weakness of life,” “heart spasms,” “nutritional disorder,” “emaciation,” or “pneumonia.”[18]“Das Gemeinschaftslager Süd III.” Gedenkstätten Gestapokeller und Augustaschacht e.V., accessed November 30, 2023. https://gedenkstaetten-augustaschacht-osnabrueck.de/partner/lager-fernblick; … Continue reading A further 37 were proven to have fallen victim to systematic neglect in the main camps or at their mothers’ workplaces.[19]“Das Gemeinschaftslager Süd III.” Gedenkstätten Gestapokeller und Augustaschacht e.V., accessed November 30, 2023. https://gedenkstaetten-augustaschacht-osnabrueck.de/partner/lager-fernblick. An undetermined number of children were born in Camp Fernblick and died shortly thereafter without even being recorded, especially children of forced laborers housed outside Osnabrück in places like Melle, Bersenbrück, and Wittlage.[20]Gander, „Lagerwesen und Zwangsarbeit in Osnabrück“, 355.

Mediengalerie

Informationen

Horstmann, Lea, Marlene Schurig and Ella Malin Visse. „Auf Spurensuche – Die Gedenkstätte der verstorbenen Kinder von Zwangsarbeiterinnen 1942-1946.“ Blog der Professur für Neueste Geschichte und Historischen Migrationsforschung der Universität Osnabrück, July 28, 2023, accessed March 6, 2024. https://nghm.hypotheses.org/14123.

References
1, 3 „Heger Friedhof.“, Denkmalatlas Niedersachsen, accessed on November 30, 2023, https://denkmalatlas.niedersachsen.de/viewer/piresolver?id=43782460; https://nghm.hypotheses.org/14123; „Wo ist meine kleine Jakoba?“, evangelisch.de – Mehr als du Glaubst, accessed on November 30, 2023, https://www.evangelisch.de/inhalte/152446/25-09-2018/gedenkort-fuer-gestorbene-kinder-von-ns-zwangsarbeiterinnen-eingeweiht.
2, 4 „SoVD weiht „Erzählstein“ ein, SoVD-Landesverband e.V., accessed on November 30, 2023, https://www.sovd-medien.de/files/sovd-zeitungen/sovdnds_2020_03_s04.pdf.
5, 11, 13, 19 “Das Gemeinschaftslager Süd III.” Gedenkstätten Gestapokeller und Augustaschacht e.V., accessed November 30, 2023. https://gedenkstaetten-augustaschacht-osnabrueck.de/partner/lager-fernblick.
6, 14 Gander, Michael. “Lagerwesen und Zwangsarbeit in Osnabrück.” In Topografien des Terrors. Nationalsozialismus in Osnabrück, edited by Thorsten Heese, 325–355. Bramsche: Rasch Verlag, 2015, 353.
7 Für die systematische Vernachlässigung siehe: Storost, Ursula. “Hamburger Stolpersteine – Die vergessenen Kinder von Zwangsarbeiterinnen.” Deutschlandfunk, August 20, 2020, accessed November 30, 2023. https://www.deutschlandfunk.de/hamburger-stolpersteine-die-vergessenen-kinder-von-100.html.
8, 16 “Schwangerschaften und Abtreibungen.” Auf der Spur europäischer Zwangsarbeit Südniedersachsen 1939–1945. https://zwangsarbeit-in-niedersachsen.eu/de/virtuelle-ausstellung/gesundheit/gesundheitliche-versorgung/schwangerschaften-abtreibungen.html.
9, 12, 17, 20 Gander, „Lagerwesen und Zwangsarbeit in Osnabrück“, 355.
10, 18 “Das Gemeinschaftslager Süd III.” Gedenkstätten Gestapokeller und Augustaschacht e.V., accessed November 30, 2023. https://gedenkstaetten-augustaschacht-osnabrueck.de/partner/lager-fernblick; Storost, “Hamburger Stolpersteine.”
15 On the systematic neglect see: Storost, Ursula. “Hamburger Stolpersteine – Die vergessenen Kinder von Zwangsarbeiterinnen.” Deutschlandfunk, August 20, 2020, accessed November 30, 2023. https://www.deutschlandfunk.de/hamburger-stolpersteine-die-vergessenen-kinder-von-100.html.

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