Leerstelle Universitätsklinik
Die Universitätsmedizin Göttingen (UMG) ist ein Zusammenschluss des Universitätsklinikums und der medizinischen Fakultät der Georg-August-Universität Göttingen. Im Nationalsozialismus wurden in den Räumen der Universitätsklinik in der Humboldtallee, der Goßlerstraße, dem Kirchweg, dem Waldweg und der Von-Siebold-Straße, Verbrechen an Menschen verübt, die in der nationalsozialistischen Rassenideologie niedriggestellt waren.[1]Tollmien, Cordula. „Projekt NS-Zwangsarbeiter: Gesundheitswesen.“ URL: https://www.zwangsarbeit-in-goettingen.de/frames/fr_betriebe.htm/. Zuletzt abgerufen am: 25.08.2023. Zu diesen Verbrechen gehören Zwangssterilisation und der Einsatz von Zwangsarbeiter:innen.[2]Geschichtswerkstatt Göttingen ev. Gesundheit: Versorgen und Versorgung, Zwangsarbeit in Kliniken und Krankenhäusern. In: Geschichtswerkstatt Göttingen ev. (Hrsg.): Auf der Spur europäischer … Continue reading
Zwischen 1940 und 1945 waren an der UMG mindestens 120 Zwangsarbeiter:innen beschäftigt. Sie kamen aus Belgien, Frankreich, den Niederlanden, Serbien, Tschechien, Italien, Polen, Russland, der Slowakei oder der Ukraine.[3]Tollmien, Cordula. „Projekt NS-Zwangsarbeiter: Gesundheitswesen.“ URL: https://www.zwangsarbeit-in-goettingen.de/frames/fr_betriebe.htm/. Zuletzt abgerufen am: 25.08.2023. Es handelte sich dabei zu 75 % um Frauen. Sie waren in der Pflege, der Chirurgie, der Küche, der Wäscherei und im Außenbereich tätig.[4]Geschichtswerkstatt Göttingen ev. Gesundheit: Versorgen und Versorgung, Zwangsarbeit in Kliniken und Krankenhäusern. In: Geschichtswerkstatt Göttingen ev. (Hrsg.): Auf der Spur europäischer … Continue reading
Neben dieser direkten Beschäftigung litten sie zusätzlich unter einer reduzierten Krankenversorgung und wurden, im Falle einer Schwangerschaft, als sogenannte „Hausschwangeren“ für die medizinische Ausbildung von Studierenden und Hebammen missbraucht. Auch wurden die Zwangsarbeitenden teilweise trotz gesetzlichen Anspruches nicht zur Krankenversicherung angemeldet oder ihre Krankschreibung im Krankheitsfall verweigert. Zwangsarbeiterinnen und ihre Kinder litten unter diesen prekären Umständen.[5]Tollmien, Cordula. „Projekt NS-Zwangsarbeiter: NS-Zwangsarbeit: Hausschwangere.“ URL: https://www.zwangsarbeit-in-goettingen.de/frames/fr_geburten.htm/. Zuletzt abgerufen am: 25.08.2023.
Diese Verbrechen sind in der Göttinger Erinnerungslandschaft unterrepräsentiert. Nur wenigen ist bekannt, dass die UMG Zwangsarbeiter:innen beschäftigte. Die UMG sollte als Leerstelle sichtbar gemacht werden. Auf einer Informationstafel könnte der Plan eines (ehemaligen) UMG-Geländes abgebildet werden. Diese könnte über die Verbrechen informieren, die in den jeweiligen Gebäuden stattfanden und unter welchen Bedingungen die Zwangsarbeiter:innen dort arbeiteten und lebten.
Autor:innen: Annika Müstermann, Sophia Helms, Lorina Marwedel und Marlene Samel.
Emtpy space University Hospital
The Göttingen University Hospital (UMG) is a merger of the University Medical Center and the Medical Faculty of the Georg-August University Göttingen. Under National Socialism, crimes were committed against persons who were inferior in the National Socialist racial ideology on the premises of the University Hospital on Humboldtallee, Goßlerstraße, Kirchweg, Waldweg and Von-Siebold-Straße.[6]Tollmien, Cordula. „Projekt NS-Zwangsarbeiter: Gesundheitswesen.“ URL: https://www.zwangsarbeit-in-goettingen.de/frames/fr_betriebe.htm/. Zuletzt abgerufen am: 25.08.2023. These crimes included forced sterilization and the use of forced laborers.[7]Geschichtswerkstatt Göttingen ev. Gesundheit: Versorgen und Versorgung, Zwangsarbeit in Kliniken und Krankenhäusern. In: Geschichtswerkstatt Göttingen ev. (Hrsg.): Auf der Spur europäischer … Continue reading
Between 1940 and 1945, at least 120 forced laborers were employed at the UMG. They came from Belgium, France, the Netherlands, Serbia, the Czech Republic, Italy, Poland, Russia, Slovakia, and Ukraine.[8]Tollmien, Cordula. „Projekt NS-Zwangsarbeiter: Gesundheitswesen.“ URL: https://www.zwangsarbeit-in-goettingen.de/frames/fr_betriebe.htm/. Zuletzt abgerufen am: 25.08.2023. 75% of them were women. They were occupied as nurses, in the surgery, kitchen, and laundry, and also in the outdoor areas.[9]Geschichtswerkstatt Göttingen ev. Gesundheit: Versorgen und Versorgung, Zwangsarbeit in Kliniken und Krankenhäusern. In: Geschichtswerkstatt Göttingen ev. (Hrsg.): Auf der Spur europäischer … Continue reading
In addition to direct forced employment, these persons suffered from reduced medical care and, in the event of pregnancy, were abused as so-called „in-house pregnant women“ and used as subjects for the medical training of students and midwives. Some of the forced laborers also were not registered for health insurance, in spite of their legal entitlement to this service. They were often refused sick leave in the event of illness. Forced laborers and their children suffered from these precarious circumstances.[10]Tollmien, Cordula. „Projekt NS-Zwangsarbeiter: NS-Zwangsarbeit: Hausschwangere.“ URL: https://www.zwangsarbeit-in-goettingen.de/frames/fr_geburten.htm/. Zuletzt abgerufen am: 25.08.2023.
These crimes are under represented in the Göttingen memorial landscape. Few people know that the UMG employed forced laborers. The UMG should be made visible as a Leerstelle. An informational plaque could show the plan of a (former) UMG site. It could provide information about the crimes that took place in the respective buildings and the conditions under which the forced laborers worked and how they lived there.
Authors: Annika Müstermann, Sophia Helms, Lorina Marwedel und Marlene Samel.
Translation: Irene Schultens.
Informationen
Für weiterführende Informationen: Stadtarchiv Göttingen Cordula Tollmien Projekt NS-Zwangsarbeiter:
https://www.zwangsarbeit-in-goettingen.de/
↑1, ↑6 | Tollmien, Cordula. „Projekt NS-Zwangsarbeiter: Gesundheitswesen.“ URL: https://www.zwangsarbeit-in-goettingen.de/frames/fr_betriebe.htm/. Zuletzt abgerufen am: 25.08.2023. |
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↑2, ↑4, ↑7, ↑9 | Geschichtswerkstatt Göttingen ev. Gesundheit: Versorgen und Versorgung, Zwangsarbeit in Kliniken und Krankenhäusern. In: Geschichtswerkstatt Göttingen ev. (Hrsg.): Auf der Spur europäischer Zwangsarbeit. Südniedersachsen 1939–1945. URL: https://zwangsarbeit-in-niedersachsen.eu/de/virtuelle-ausstellung/gesundheit/zwangsarbeit-in-kliniken.html/. Zuletzt abgerufen am: 25.08.2023. |
↑3, ↑8 | Tollmien, Cordula. „Projekt NS-Zwangsarbeiter: Gesundheitswesen.“ URL: https://www.zwangsarbeit-in-goettingen.de/frames/fr_betriebe.htm/. Zuletzt abgerufen am: 25.08.2023. |
↑5, ↑10 | Tollmien, Cordula. „Projekt NS-Zwangsarbeiter: NS-Zwangsarbeit: Hausschwangere.“ URL: https://www.zwangsarbeit-in-goettingen.de/frames/fr_geburten.htm/. Zuletzt abgerufen am: 25.08.2023. |