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Leerstelle DP-Wohnlager

Empty Space DP-Camp • Tukša DP dzīvojamā nometne • Пустая прастора – лагер для перамешчаных асоб

Die Spuren des ehemaligen Lagers für Displaced Persons sind in Friedland nicht mehr zu erkennen. An der Kreuzung der heutigen Norbert- und Heimkehrerstraße wurde ein Teil des Grenzdurchgangslagers Friedland von September 1949 bis Januar 1952 als DP-Camp genutzt.

Im Unterschied zu anderen DP-Lagern waren aber viele der Bewohner:innen in Friedland ehemalige DPs, die von der IRO als Arbeitskräfte in Drittländer vermittelt worden und nun nach Deutschland zurückgekehrt waren. Von Friedland aus sollten sie schnellstmöglich in die deutsche Wirtschaft integriert werden. Zudem lebten hier vorbestrafte DPs, die aus den Strafanstalten Hameln und Emsland entlassen worden waren. Eine weitere Bewohnergruppe waren sogenannte „Infiltrees“ [1]Diese Bezeichnung verwendete u. A. der Niedersächsische Minister für Flüchtlingsangelegenheiten in einem Schreiben an den Niedersächsischen Innenminister vom 08. August 1950, NLA HA Nds. 100 … Continue reading , in diesem Fall jüdische Menschen aus Osteuropa, die aufgrund antisemitischer Pogrome in Polen und Kielce im Juli 1946 nach Deutschland flohen.[2]Arolsen Archives. „Hintergrundinformationen zu DP-Dokumenten.“ Arolsen Archives. Accessed October 19, 2023. … Continue reading

Von insgesamt 1900 Personen, die das Lager Friedland durchliefen, kamen im Durchschnitt 125 dort zeitgleich unter. Getrennt von den deutschen Flüchtlingen aus den ehemaligen Ostgebieten wurden sie in sogenannten „Nissenhütten“ aus Wellblech im westlichen Lagerteil untergebracht. Dort lebten sie teilweise über Monate in den beengten und schlecht beheizten Unterkünften.

Das Verhältnis der Lagerbewohner:innen zu Lagerleitung, Polizei und Bevölkerung war von Konflikten geprägt. Die Friedländer Bevölkerung lehnte das DP-Lager und dessen Bewohner:innen ab. Vertreter mehrerer Wohlfahrtsverbände richteten sich mit einem Appell an den niedersächsischen Flüchtlingsminister Erich Schellhaus und forderten neben einer Auflösung des DP-Wohnlagers auch die Abschiebung seiner Bewohner:innen. Ihre rassistischen Vorwürfe waren von nationalsozialistischem Duktus durchzogen.

Die breite Ablehnung des Wohnlagers führte 1952 schließlich zu seiner Auflösung. Über den weiteren Weg der Bewohner:innen ist kaum mehr bekannt als die Eintragungen in ihren Abmeldebögen. Einem Teil gelang es, mit Hilfe der UNO in ein Drittland umzusiedeln. Andere fanden Arbeit und einen Wohnort in der Bundesrepublik. Manchen blieb dieser Schritt in ein selbstbestimmtes Leben verwehrt. Sie wurden in andere Lager verlegt und verblieben unter behördlicher Betreuung und Bevormundung.

Autor:in: Marius Marx.

The traces of the former camp for displaced persons are no longer visible in Friedland. At the intersection of today’s Norbertstrasse and Heimkehrerstraße, part of the Friedland border transit camp served as a DP camp from September 1949 to January 1952.

Unlike other DP camps, however, many of the residents in Friedland were former DPs who had been placed as workers in third countries by the IRO and had now returned to Germany. From Friedland, they were to be integrated into the German economy as quickly as possible. In addition, DPs with criminal records who had been released from the Hameln and Emsland prisons lived here. Another group of residents was so-called „infiltrees,“[3]This term was used by the Lower Saxony Minister for Refugee Affairs, among others, in a letter to the Lower Saxony Minister of the Interior dated August 8, 1950, NLA HA Nds. 100 Acc. 57/89 Nr. 43. in this case, Jewish people from Eastern Europe who had fled to Germany in July 1946 due to anti-Semitic pogroms in Poland and Kielce.[4]Arolsen Archives. „Hintergrundinformationen zu DP-Dokumenten.“ Arolsen Archives. Accessed October 19, 2023. … Continue reading

Of the 1900 people who passed through the Friedland camp, an average of 125 were accommodated there simultaneously. Separated from the German refugees from the former eastern territories, they lived in so-called „Nissen huts“ made of corrugated iron in the western part of the camp. They sometimes lived there for months in the cramped and poorly heated accommodation.

The relationship between the camp residents and the camp management, police, and population was characterized by conflict. The population of Friedland rejected the DP camp and its residents. Representatives of several welfare organizations appealed to the Lower Saxony Refugee Minister Erich Schellhaus and demanded that the DP camp be closed down and its residents deported. Their racist accusations were tinged with National Socialist language.

The widespread rejection of the residential camp finally led to its dissolution in 1952. Little more is known about the residents‘ subsequent path than the entries on their deregistration forms. Some managed to resettle in a third country with the help of the UN. Others found work and a place to live in Germany. Some were denied this step towards a self-determined life. They were transferred to other camps and remained under the care and paternalism of the authorities.

Author: Marius Marx

Im Mai 1945 befanden sich etwa 10,8 Millionen Displaced Persons (DPs) in Mitteleuropa.[5]Würz, Markus. „Displaced Persons.“ Lebendiges Museum Online, September 13, 2014. Accessed October 3, 2023. … Continue reading Als solche bezeichneten die Westalliierten alle ausländischen Zivilpersonen, die sich bei Kriegsende bzw. zum Zeitpunkt ihrer Befreiung von der nationalsozialistischen Herrschaft außerhalb ihres Heimatlandes befanden und ohne fremde Hilfe nicht dorthin zurückkehren oder eine neue Heimat finden konnten. Die meisten DPs waren ehemalige KZ-Häftlinge, Zwangsarbeitende oder Kriegsgefangene.

In den westalliierten Besatzungszonen kümmerte sich die Nothilfe- und Wiederaufbauverwaltung der Vereinten Nationen (UNRRA) um die Unterbringung, Bekleidung, Betreuung und Verpflegung der DPs. Dagegen wurden in der sowjetischen Besatzungszone Maßnahmen zur Rückführung ihrer Staatsangehörigen durchgeführt. Weil die Sowjetunion Arbeitskräfte zum Wiederaufbau benötigte, ließ sie Rückführungslager zur Kontrolle und Untersuchung der Rückkehrenden errichten. So sollte festgestellt werden, ob diese als Kollaborateure einzustufen waren. Unter deutscher Verwaltung standen DPs erst nach Gründung der Bundesrepublik Anfang der 1950er Jahre.[6]Arolsen Archives, „Hintergrundinformationen zu DP-Dokumenten.“

Zumeist wurden die DPs geordnet nach Nationalitäten in ehemaligen Kasernen, Baracken (v. a. ehemaligen Konzentrations- und Zwangsarbeitslagern) sowie beschlagnahmten oder verlassenen Privathäusern und -wohnungen untergebracht. Diese Lager bestanden, obwohl zunächst nur als Übergangslösung gedacht, teils bis in die 1960er Jahre.[7]Schnellbach, Christoph. „Displaced Persons (DPs).“ Online-Lexikon zur Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa, 2015. Accessed October 19, 2023. … Continue reading

 Der Alltag der DPs war oftmals geprägt von Konflikten: sowohl innerhalb der Lagergemeinschaft als auch mit der deutschen Bevölkerung und den Autoritäten.

Eine dauerhafte Unterbringung von DPs an ihren aktuellen Aufenthaltsorten war nicht vorgesehen. Die UNRRA und ab 1947 die Internationale Flüchtlingsorganisation (IRO) organisierten die Repatriierung von DPs in ihre Herkunftsländer. Bis Ende 1946 hatten fast sechs Millionen DPs Deutschland wieder verlassen.[8]Schnellbach, „Displaced Persons (DPs).“ Aus Angst vor politischer Repression verweigerten jedoch zahlreiche DPs aus osteuropäischen Ländern und der Sowjetunion eine Rückkehr in ihre Heimatländer.[9]Würz, „Displaced Persons.“

Für die DPs, die nicht in ihre Heimatländer zurückkehrten, organisierte die Internationale Flüchtlingsorganisation (IRO) zwischen 1947 und 1952 ihre Neuansiedlung in Drittländer wie die USA, Australien oder Kanada. Bis 1951 sank die Zahl der in der Bundesrepublik verbliebenen DPs, die nun als „heimatlose Ausländer“[10]„Gesetz über die Rechtsstellung heimatloser Ausländer im Bundesgebiet“. Gesetze im Internet. Accessed October 5, 2023. https://www.gesetze-im-internet.de/hauslg/index.html. bezeichnet wurden, auf ca. 130.000 Menschen.[11]Schnellbach, „Displaced Persons (DPs).“

Autor:in: Marius Marx.

In May 1945, Central Europe had around 10.8 million displaced persons (DPs).[12]Würz, Markus. „Displaced Persons.“ Lebendiges Museum Online, September 13, 2014. Accessed October 3, 2023. … Continue reading The Western Allies designated all foreign civilians as such who were outside their home country at the end of the war or at the time of their liberation from Nazi rule and were unable to return there or find a new home without outside help. Most DPs were former concentration camp inmates, forced laborers, or prisoners of war.

In the Western Allied occupation zones, the United Nations Relief and Rehabilitation Administration (UNRRA) was responsible for housing, clothing, caring for and feeding the DPs. In the Soviet occupation zone, authorities took measures to repatriate their nationals. Because the Soviet Union needed workers for reconstruction, it ran repatriation camps to check and examine the returnees. In these camps, they determined whether the internees were to be classified as collaborators. DPs were only placed under German administration after the founding of the Federal Republic of Germany in the early 1950s.[13]Arolsen Archives, „Hintergrundinformationen zu DP-Dokumenten.“

The DPs were primarily housed separately according to nationality in barracks (mainly former concentration and forced labor camps) and confiscated or abandoned private houses and apartments. Although initially only intended as a temporary solution, some camps existed until the 1960s.[14]Schnellbach, Christoph. „Displaced Persons (DPs).“ Online-Lexikon zur Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa, 2015. Accessed October 19, 2023. … Continue reading Conflicts within the camp community and with the German population and authorities often characterized the everyday life of the DPs.

Permanent accommodation of DPs at their current places of residence was not planned. The UNRRA and, from 1947, the International Refugee Organization (IRO) organized the repatriation of DPs to their countries of origin. By the end of 1946, almost six million DPs had left Germany again.[15]Schnellbach, „Displaced Persons (DPs).“ However, for fear of political repression, many DPs from Eastern European countries and the Soviet Union refused to return to their home countries.[16]Würz, „Displaced Persons.“

For those DPs who did not return to their home countries, the International Refugee Organization (IRO) organized their resettlement in third countries such as the USA, Australia, or Canada between 1947 and 1952. By 1951, the number of DPs remaining in the Federal Republic had fallen to around 130,000 people,[17]Schnellbach, „Displaced Persons (DPs).“ who were now referred to as „homeless foreigners.“[18]„Gesetz über die Rechtsstellung heimatloser Ausländer im Bundesgebiet“. Gesetze im Internet. Accessed October 5, 2023. https://www.gesetze-im-internet.de/hauslg/index.html.

Author: Marius Marx

Mediengalerie

References
1 Diese Bezeichnung verwendete u. A. der Niedersächsische Minister für Flüchtlingsangelegenheiten in einem Schreiben an den Niedersächsischen Innenminister vom 08. August 1950, NLA HA Nds. 100 Acc. 57/89 Nr. 43.
2, 4 Arolsen Archives. „Hintergrundinformationen zu DP-Dokumenten.“ Arolsen Archives. Accessed October 19, 2023. https://eguide.arolsen-archives.org/en/additional-resources/background-information-on-displaced-persons-documents/?tx_oneguide_application%5Baction%5D=show&tx_oneguide_application%5Bcontroller%5D=Document&tx_oneguide_application%5Bdocument%5D=140&cHash=e550c5b4be3c9b415bd19836b651af38.
3 This term was used by the Lower Saxony Minister for Refugee Affairs, among others, in a letter to the Lower Saxony Minister of the Interior dated August 8, 1950, NLA HA Nds. 100 Acc. 57/89 Nr. 43.
5, 12 Würz, Markus. „Displaced Persons.“ Lebendiges Museum Online, September 13, 2014. Accessed October 3, 2023. https://www.hdg.de/lemo/kapitel/nachkriegsjahre/befreiung-und-besatzung/displaced-persons.html.
6, 13 Arolsen Archives, „Hintergrundinformationen zu DP-Dokumenten.“
7, 14 Schnellbach, Christoph. „Displaced Persons (DPs).“ Online-Lexikon zur Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa, 2015. Accessed October 19, 2023. https://ome-lexikon.uni-oldenburg.de/begriffe/displaced-persons-dps#c182489.
8, 11, 15, 17 Schnellbach, „Displaced Persons (DPs).“
9, 16 Würz, „Displaced Persons.“
10, 18 „Gesetz über die Rechtsstellung heimatloser Ausländer im Bundesgebiet“. Gesetze im Internet. Accessed October 5, 2023. https://www.gesetze-im-internet.de/hauslg/index.html.

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